Im Gautinger Bosco kann man sich noch bis Sonntag in frühere Zeiten zurückkatapultieren. Das gesamte Haus ist in ein wunderbares, charmantes Museum auf Zeit verwandelt worden, in dem es um die Industrialisierung im Würmtal geht. Die hing natürlich eng mit der Wasserkraft der Würm zusammen, weswegen Mühlen und Landwirtschaft einen großen Platz einnehmen.
## Industrialisierung ab 1800 und alles drumherum
Und weiter gab es für rund 30 Jahre eine Schwefelquelle, die zum Baden einlud und ein Hotel nach sich zog und den Bau der Eisenbahnstation beschleunigte. Firmen, wie die Metallstanzwerke in Stockdorf und Grubmühl, die Papierfabrik Haerlin und die Vorproduktion in der Holzschleif, das Alfawerk als Spezialwerk für landwirtschaftliche Maschinen, die österreichische Tabakregie oder auch der heutige Weltkonzern siedelten sich im 19./20. Jahrhundert hier an und hinterließen prägende Spuren, die ebenfalls im Bosco zu bewundern sind.
Eine Ecke gilt den Frauen, die frühzeitig in die Produktionen eingebunden waren, und den Kindern, die in der Gautinger Kinderverwahranstalt betreut wurden. Auch hierzu können sich die Besucher schlau machen: mit originalspielzeug, mit Fotos der Räumlichkeiten und Lebensläufen.
## „Fast schon alles abgeschnuppert“
Initiator und Gesamtleiter Hans-Georg Krause hatte schon lange die Idee, „mal unsere Geschichte vom ehemaligen 60-Häuser-Dorf bis heute zu zeigen.“ Als Inspiration und als unerschöpflicher Fundus diente dazu die Privatsammlung von Hermann Geiger aus Unterbrunn.
Er sammelt seit vielen Jahrzehnten alles, was geschichtsträchtig ist und Zeitzeugenqualität hat, egal ob es sich um ein Spielzeug, Maschine oder Papierdokument handelt. Mit geholfen beim Konzipieren und Organisieren des charmanten Museums haben das Archiv der Gemeinde Gauting sowie die Kuratoren Rosemarie Zacher, Sibylle Sommer und Werner Gruban.
Was ist zu sehen? Neben den Originaldokumenten, den Fotostrecken und Echt-Maschinen und Echt-Werkzeugen aus vergangenen Zeiten gibt es einen historischen Frisiersalon, eine Schusterwerkstatt, das Wohnzimmer des Bahnhofvorstehers, Originaltüren und -möbel aus dem Gautinger Hotel, Liebesbriefe, die aus der Papierfabrik geschrieben wurden, und vieles mehr.
## „Läuft wie Bombe“
In kleinen Boxen kann man sogar die Luft von damals schnuppern: Bohnerwachs fürs Hotel, Birkin im Frisiersalon, Kuhduft bei der Landwirtschaft. „Es ist fast schon alles abgeschnuppert, so groß ist der Andrang“, meinte Rosemarie Zacher lachend. „Es läuft wie Bombe, die Leute kommen und sind begeistert. Das freut uns riesig.“ Ein verdienter Lohn, denn alle Organisation und Handgriffe waren ehrenamtlich. Eine Förderung könnte das ungewöhnliche Museum auf die Schnelle nicht bekommen.
Wer einen kleinen Einblick ins Museum auf Zeit haben möchte, kann sich auf MünchenTV schlau machen. Alle Besucher erwartet Kaffee und Kuchen und Snacks in der bar rosso im bosco. Die Öffnungszeiten sind donnerstags bis sonntags (letzter Tag 14. April) von 14 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.