Weit über 200 Leute kamen gestern zur BA-Sitzung, die damit definitiv schon Bürgerversammlungsflair hatte. Grund fürs Interesse war die geplante Flüchtlingsunterkunft in der Lochhausener Sandbergstraße 8, die die Regierung von Oberbayern (RvO) verwirklichen will.
Die Fakten: auf die rund 850 qm Grund sollen 69 Bettenplätze für Flüchtlinge kommen. Und zwar bis zum 30. Oktober 2026, mit einer Laufzeit von 12 Jahren. Zwar informierte die RvO die Stadt schon im Mai, genauer das Amt für Wohnen und Migration als zuständige Behörde. Dem BA 22 wurde nur „ein spärlicher Drei-Zeiler“ Mitte Juli geschickt, so BA-Vorsitzender Sebastian Kriesel.
Rund 300 Meter Luftlinie weiter will die Stadt übrigens eine Unterkunft für 250 Bettenplätzen an der Lochhausener Straße realisieren. Mit der schon bestehenden Unterkunft in der Langwieder Hauptstraße hätte das 5.500 Bürger zählende Lochhausen am Ende 609 Flüchtlinge aufgenommen – 11 %, wie Manfred Spannagl vorrechnete. „Das überschreitet alle Absprachen.“
Infopolitik? Eher „Kommunikations-Super-GAU“
„Gut, dass Sie alle da sind und wir uns über das Projekt austauschen können“, begrüßte Sebastian Kriesel das große Publikum. Die BA-Sitzung solle genutzt werden, um Stellungnahmen der Fraktionen und die Stimmungen der Bürger zusammenzutragen. Denn am Freitag tage die „Task Force“ zu Flüchtlingsfragen mit Vertretern der RvO und des Amtes. Die sollen die Stimmungen aus Aubing bekommen.
Einigkeit bei den Fraktionen – alle lehnten das überproportionale und deplatzierte Vorhaben ab und kritisierten heftig die Infopolitik, die an einen „Kommunikations-Super-GAU“ erinnere, so Roland Jung. „So wie es läuft, geht es einfach nicht. Mir ist sowieso vollkommen schleierhaft, wie man 70 Leute in diese Gegend verpflanzen kann“, sagte er und forderte: „Schluss mit dem Verantwortungs-Ping-Pong.“ Sowohl Vertreter der RvO als auch der Stadt sollen in die nächste BA-Sitzung kommen, „und sich hier den Ärger abholen, den sie sich verdient haben.“
Regierung von Oberbayern – „unter aller Kanone“
Wie eng der Platz ist, verdeutlichte eine Anwohnerin. „Stellen Sie sich mal vor, Sie schauen über Ihren Zaun nicht wie gewohnt auf ein Einfamilienhaus, sondern auf eine Unterkunft für 69 Personen“, sagte sie. Das habe nichts damit zu tun, dass man gegen Flüchtlinge sei. „Überhaupt nicht! Aber nicht in diesen Mengen in diese Straße, in der insgesamt nur 100 Leute wohnen.“
Die Frage sei die nach dem Baurecht, meinte ein weiterer. „Auf das Grundstück passen zwei Häuser mit fünf Wohneinheiten. Das ergibt 26 Leute. Ich frage mich, wieso sowas überhaupt diskutiert wird.“
Bei Klaus Schwarzbauer als unmittelbaren Anwohner liefen in den letzten Tagen die Fäden zusammen. „Wir waren alle sehr tätig gewesen. Viele von uns haben auch bei der Regierung von Oberbayern nachgefragt. Ich muss sagen, die Antworten waren grenzwertig. Das war unter aller Kanone. Dabei ist Information ein Grundrecht. Was sich diese Behörde einbildet, so mit uns Bürgern umzugehen!“
Wie geht’s weiter?
Das eine Haus werde vielleicht abgelehnt. Aber was sei mit den vielen anderen leerstehenden Grundstücken, bei denen sich vielleicht die Erbengemeinschaft nicht einig werde und man Geld verdienen wolle?, so eine weitere Bürgerin. „Wir brauchen eine politische Marschrichtung“, spann Christian Stockmann den Faden weiter. „Wer schützt sonst die Anwohner?“
Robert Brenner verwies die Bürger auf die Möglichkeiten, Unterschriften zu sammeln und Petitionen im Landtag abzugeben. Auch die Gründung einer Bürgerinitiative stand im Raum. „Setzen Sie sich bei Ihren Parteien mit Stadträten und Abgeordneten auseinander“, forderte ein Bürger die BA-Mitglieder auf. „Wir alle machen uns Gedanken über die politische Gesamtrichtung.“ So ein „hirnverbrannter Ansatz“ spiele nur den falschen Leuten in die Arme.
Wie geht’s weiter?
„Danke für die sehr konstruktive Diskussion“, meinte Sebastian Kriesel abschließend. Stellungnahmen, Statements und Meinungen sollen gleich am Donnerstag an den Leiter der Amts Wohnen und Migration gehen, „damit klar und deutlich ist, wie wir dazu stehen.“ Das könne die „Task Force“ am Freitag in ihre Entscheidungen einbeziehen.
Wie komme der BA und dann auch die Bürger eigentlich an die Infos über die Entscheidungen aus der „Task Force“?, so Alice Beining. „Das ist wichtig, um die Sache transparent zu gestalten.“ Sebastian Kriesel setzte auf die guten Kontakte zu Gerhard Mayer als Leiter des Amtes und betonte: „Es ist wichtig, dass wir gehört werden. Wir werden weiterhin an einem Strang ziehen. Da lassen wir nicht nach.“